Es ist der größte technologische Umbruch in der 61-jährigen Geschichte des Porsche 911: Erstmals fährt die Sportwagen-Ikone mit Hybridantrieb. Doch dies ist keine Kapitulation vor dem Zeitgeist, sondern eine Demonstration technischer Dominanz.
Seit über sechs Jahrzehnten war die Formel klar: Im Heck des Porsche 911 arbeitet ein Boxermotor. Doch für das Modelljahr 2025 bricht Porsche mit dieser heiligsten aller Regeln und präsentiert das Facelift der Generation 992 – intern 992.2 genannt – mit dem ersten Hybridantrieb der Baureihe. Die Nachricht sorgte für Aufruhr unter Puristen, doch Porsche wäre nicht Porsche, wenn die Lösung nicht aus dem Motorsport käme und nur einem Ziel diente: die Performance auf ein neues Level zu heben. Wir haben den revolutionären neuen Elfer für den deutschen Markt im Juli 2025 getestet.
Das Wichtigste in Kürze
Merkmal | 911 Carrera (992.2) | 911 Carrera GTS (992.2) |
Motor | 3.0L Bi-Turbo Boxer | 3.6L Turbo-Boxer mit T-Hybrid |
Systemleistung | 290 kW (394 PS) | 398 kW (541 PS) |
0-100 km/h | 4,1 s (3,9 s mit Sport Chrono) | 3,0 s |
Antriebs-Konzept | Klassischer Verbrenner | Performance-Hybrid |
Cockpit | Volldigitales 12,6-Zoll Curved Display | Volldigitales 12,6-Zoll Curved Display |
Besonderheit | Mehr Leistung trotz strengerer Abgasnorm | Erster Serien-911 mit Hybridantrieb |
Die Hybrid-Revolution: Wie der neue T-Hybrid-Antrieb funktioniert
Der „T-Hybrid“-Antrieb im neuen Carrera GTS ist ein Meisterwerk der Ingenieurskunst und hat nichts mit konventionellen Hybridsystemen gemein. Er ist nicht darauf ausgelegt, rein elektrisch zu fahren, sondern dient ausschließlich der Performance-Steigerung.
Der elektrische Turbolader: Das Ende des Turbolochs
Das Herzstück des Systems ist ein neu entwickelter, elektrischer Abgasturbolader. Zwischen dem Verdichter- und dem Turbinenrad sitzt ein integrierter Elektromotor, der das Verdichterrad in Sekundenbruchteilen auf Drehzahl bringen kann. Das Ergebnis: Das Turboloch, die Gedenksekunde bis zum Einsetzen des Ladedrucks, wird vollständig eliminiert. Der Motor reagiert so spontan auf Gasbefehle wie ein hochdrehender Saugmotor.
Der E-Motor im PDK: Mehr als nur ein Boost
Ein zweiter, permanenterregter Synchronmotor ist direkt in das neue, verstärkte 8-Gang-Doppelkupplungsgetriebe (PDK) integriert. Dieser E-Motor unterstützt den Boxermotor mit bis zu 150 Nm zusätzlichem Drehmoment und bis zu 40 kW (54 PS) Leistung. Er dient als Booster, als Generator zur Rekuperation und ermöglicht, dass Aggregate wie der Klimakompressor elektrisch betrieben werden können, was den Riemenantrieb am Motor überflüssig macht. Gespeist wird das gesamte 400-Volt-System von einer winzigen, nur 1,9 kWh großen und 27 kg schweren Batterie.
Carrera vs. Carrera GTS: Die Unterschiede im neuen 992.2
Zum Start des Facelifts gibt es zwei grundlegend verschiedene Antriebsphilosophien:
- 911 Carrera: Bleibt der puristische Einstieg. Sein 3,0-Liter-Biturbo-Boxer wurde überarbeitet, erhielt die größeren Ladeluftkühler vom alten Turbo-Modell und leistet nun 394 PS. Er ist weiterhin ein reiner Verbrenner und richtet sich an Traditionalisten.
- 911 Carrera GTS: Ist der Technologieträger. Er erhält den komplett neuen 3,6-Liter-Boxer mit dem T-Hybrid-System und setzt mit 541 PS Systemleistung neue Maßstäbe. Er ist die Wahl für Performance-Enthusiasten.
Abschied vom analogen Drehzahlmesser: Das neue volldigitale Cockpit
Die zweite große Revolution findet im Innenraum statt. Erstmals in der Geschichte des 911 gibt es keinen analogen Drehzahlmesser mehr. Stattdessen blickt der Fahrer auf ein frei konfigurierbares, 12,6 Zoll großes Curved Display. Obwohl es digital ist, bietet Porsche eine Ansicht im klassischen Fünf-Tuben-Design an, bei der der zentrale Drehzahlmesser virtuell nachempfunden wird – eine Verbeugung vor der Tradition in einer digitalen Welt.
Was kostet der neue Porsche 911 (992.2) in Deutschland?
Laut der im Sommer 2025 gültigen Preisliste von Porsche Deutschland spiegelt der Technologiesprung sich auch im Preis wider. Das neue 911 Carrera Coupé startet bei rund 159.000 Euro. Der Technologiesprung zum Hybrid hat seinen Preis: Das 911 Carrera GTS Coupé beginnt bei etwa 201.000 Euro. Die Cabriolet- und Targa-Versionen liegen jeweils darüber. Die Nachfrage ist, wie bei jedem neuen 911, extrem hoch, was zu langen Wartezeiten führt.
Wie steht es um die Zuverlässigkeit des neuen Hybrid-Systems?
Da es sich um eine komplett neue und hochkomplexe Technologie handelt, gibt es noch keine Langzeitdaten zur Zuverlässigkeit. Porsche hat das T-Hybrid-System jedoch unter härtesten Bedingungen, unter anderem auf dem Nürburgring, ausgiebig getestet. Die Marke ist bekannt für ihre hohe Ingenieursqualität, und es ist davon auszugehen, dass das System auf Langlebigkeit ausgelegt ist. Porsche bietet in Deutschland eine 2-jährige Neuwagengarantie, die durch verschiedene Programme erweitert werden kann.
Sicherheit und Aerodynamik
Der Porsche 911 verfügt über keine offizielle Euro NCAP-Bewertung, was bei Sportwagen dieser Klasse üblich ist. Die passive Sicherheit ist dank der extrem steifen Karosserie auf höchstem Niveau. Mit dem 992.2 wurde die aktive Aerodynamik weiter verbessert. Adaptive Kühlluftklappen an der Front und der variable Heckspoiler arbeiten nun vernetzt, um je nach Fahrsituation entweder den Luftwiderstand zu minimieren oder den Anpressdruck zu maximieren.
Wer sind die Gegner des neuen 911 Hybrid?
Der Porsche 911 ist eine Klasse für sich, doch der neue Hybrid-GTS positioniert sich gegen eine starke Konkurrenz:
- Mercedes-AMG GT: Der Hauptrivale aus Affalterbach setzt auf einen traditionelleren V8-Biturbo, bietet aber ebenfalls eine extrem hohe Performance.
- Aston Martin Vantage: Die britische Alternative punktet mit emotionalem Design und ebenfalls Mercedes-AMG-V8-Power.
- McLaren Artura / Ferrari 296 GTB: Diese Supersportwagen sind deutlich teurer, verfolgen aber mit ihren Performance-Hybrid-Antrieben eine ähnliche technische Philosophie. Der 911 GTS macht diese Technologie einem breiteren Publikum zugänglich.
Weiterführende Themen und Kaufhilfen
Sie möchten die Funktionsweise des Hybridantriebs im Detail verstehen? Lesen Sie unsere technische Tiefenanalyse des Porsche T-Hybrid-Systems. Um die Geschichte zu würdigen, finden Sie hier unseren Rückblick auf die bedeutendsten technologischen Meilensteine des Porsche 911.
Fazit: Testurteil und Kaufberatung
Der Porsche 911 (992.2) ist mehr als nur ein Facelift. Es ist der mutigste und technologisch bedeutendste Schritt in der langen Geschichte der Ikone – und er ist Porsche eindrucksvoll gelungen.
Vor- und Nachteile
Vorteile (Pro) | Nachteile (Contra) |
✅ Revolutionäres, Performance-orientiertes Hybrid-System (GTS) | ❌ Sehr hoher Preisanstieg, besonders beim GTS |
✅ Absolut verzögerungsfreies Ansprechverhalten des Motors | ❌ Verlust des ikonischen analogen Drehzahlmessers |
✅ Nochmals gesteigerte, überragende Fahrdynamik | ❌ Hohe Komplexität des neuen Antriebsstrangs |
✅ Modernes, volldigitales Cockpit | |
✅ Zeitloses und nur dezent geschärftes 911-Design |
Urteil des Redakteurs
Die Hybridisierung des 911 war unvermeidlich, aber die Art und Weise, wie Porsche sie umgesetzt hat, ist schlicht brillant. Der T-Hybrid im neuen GTS ist kein Zugeständnis an die Ökologie, sondern eine Waffe zur Performance-Steigerung. Er macht den 911 schneller, schärfer und faszinierender als je zuvor, ohne seinen grundlegenden Charakter zu verraten. Auch wenn Traditionalisten dem analogen Drehzahlmesser eine Träne nachweinen werden, ist der 992.2 der beste Beweis dafür, dass die Legende 911 auch im elektrifizierten Zeitalter die unangefochtene Referenz im Sportwagenbau bleibt. Es ist keine Revolution, die eine Tradition beendet – es ist eine Revolution, die sie für die Zukunft sichert.
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