Es war ein Paukenschlag, als Kia 2017 den Stinger vorstellte. Ein viertüriger Gran Turismo mit klassischem Heckantrieb, optionalem Allrad und einem potenten V6-Biturbo-Motor, der es direkt mit dem BMW 4er Gran Coupé und dem Audi A5 Sportback aufnehmen sollte. Der Stinger war ein Statement, ein Beweis dafür, dass Kia mehr konnte als nur vernünftige Kleinwagen. Doch Anfang 2023 wurde die Produktion eingestellt. Ein Scheitern? Keineswegs. Dies ist ein Nachruf auf eines der aufregendsten Autos der letzten Jahre und ein Leitfaden, warum der Stinger als Gebrauchtwagen heute attraktiver ist denn je.
Design und Konzept: Warum der Stinger ein echter Gran Turismo war
Der Stinger war kein Blender. Sein Design und sein Konzept folgten den klassischen Regeln eines echten Gran Turismo.
Das Außendesign: Zeitlose Eleganz
Entworfen in Frankfurt unter der Leitung von Peter Schreyer und Gregory Guillaume, besticht der Stinger durch perfekte Proportionen: eine lange Motorhaube, ein kurzes Frontüberhang, ein langes Heck und eine fließende Fastback-Silhouette. Das Design ist auch heute noch modern, elegant und eigenständig.
Das Interieur: Premium-Anspruch mit kleinen Schwächen
Im Innenraum versuchte der Stinger, den deutschen Premium-Anspruch zu erfüllen. Die Ergonomie ist exzellent, die Sitzposition sportlich-tief und die Ausstattung umfangreich. Zwar erreichen, wie auch der ADAC in seinen Tests anmerkte, nicht alle Materialien die Perfektion eines Audi, doch die Anmutung ist insgesamt sehr hochwertig.
Das Herzstück: Der 3.3 T-GDI V6 – Motor des Jahres
Das Highlight der Baureihe war unbestritten der 3,3-Liter-V6-Biturbo im Stinger GT.
Leistung, Klang und Charakter
Mit anfangs 370 PS (später 366 PS) und über 500 Nm Drehmoment bot der V6 eine explosive, aber stets souveräne Leistungsentfaltung. Er beschleunigte die Limousine in unter 5 Sekunden auf 100 km/h. Der Klang war kernig und präsent, ohne übertrieben aufdringlich zu sein. Dieser Motor war das Herz und die Seele des Stinger und machte ihn zu einem echten Sportgerät.
Die damaligen Konkurrenten im Vergleich
Stinger GT vs. BMW 440i Gran Coupé: Emotion gegen Perfektion
Der BMW 440i war der etablierte Maßstab. Er war in vielen Bereichen das technisch perfektere Auto: effizienter, im Detail besser verarbeitet und mit einem besseren Infotainmentsystem. Der Stinger konterte jedoch mit einem emotionaleren Design, einem oft als charakterstärker empfundenen Motor und vor allem einem deutlich besseren Preis-Leistungs-Verhältnis.
Sicherheit im Rückblick: Die Euro NCAP-Bewertung
Wie sicher war der Kia Stinger?
Der Kia Stinger hat sich im Euro NCAP-Crashtest 2017 exzellent geschlagen und die Höchstwertung von fünf Sternen erhalten. Besonders beeindruckend war der Insassenschutz für Erwachsene, der mit 93% bewertet wurde. Auch die serienmäßigen Assistenzsysteme erhielten eine gute Bewertung, was den hohen Sicherheitsstandard des Fahrzeugs belegt.
Zuverlässigkeit als Gebrauchtwagen: Ein kluger Kauf?
Da die Produktion eingestellt ist, rückt der Stinger als Gebrauchtwagen in den Fokus. Und hier liegen seine größten Stärken.
Was sagen Tests vom ADAC und die Pannenstatistiken?
Der Stinger gilt als außergewöhnlich zuverlässiges Auto. In der ADAC Pannenstatistik taucht er nicht prominent auf, was ein gutes Zeichen ist. Die Technik ist robust und bewährt. Es gibt keine weit verbreiteten, teuren Serienschäden, was ihn von manchem europäischen Konkurrenten positiv abhebt. Ein spezifischer TÜV-Report für das Nischenmodell existiert nicht, doch andere Kia-Modelle schneiden regelmäßig gut ab.
Worauf man beim Gebrauchtkauf achten sollte (bekannte Schwachstellen)
Der Stinger ist solide, aber nicht perfekt. Bei frühen Modellen sollte man auf die Software des Infotainments achten. Wie bei jedem leistungsstarken Auto sind der Zustand von Bremsen und Reifen entscheidend. Ein lückenloses Scheckheft ist Pflicht, um die Garantieansprüche zu wahren.
Die Kia-Garantie: Ein unschlagbarer Vorteil
Der entscheidende Vorteil beim Kauf eines jungen Gebrauchten ist die 7-Jahres-Herstellergarantie von Kia (bis 150.000 km). Ein 3-4 Jahre alter Stinger hat also oft noch eine längere Garantie als ein fabrikneuer BMW oder Audi. Das bietet eine unübertroffene Sicherheit beim Kauf.
Die letzten Preise und heutige Gebrauchtwagen-Situation
Was kostete der Stinger neu und was zahlt man heute?
Der Stinger GT startete zuletzt bei rund 60.000 €. Heute findet man gute gebrauchte Exemplare mit V6-Motor, Baujahr 2018-2020, bereits für unter 35.000 €. Angesichts der gebotenen Leistung und Ausstattung ist das ein extrem faires Angebot.
Fazit: Ein zukünftiger Klassiker mit Kaufempfehlung
Der Kia Stinger war kommerziell vielleicht kein riesiger Erfolg, aber er war ein riesiger Gewinn für das Image der Marke. Er hat bewiesen, dass Kia emotionale und hochklassige Autos bauen kann.
Vor- und Nachteile (als Gebrauchtwagen)
Vorteile (Pros) | Nachteile (Cons) |
✅ Fantastisches Preis-Leistungs-Verhältnis als Gebrauchtwagen | ❌ Hoher Kraftstoffverbrauch des V6-Motors (laut ADAC-Test >10L/100km) |
✅ Lange Restgarantie von bis zu 7 Jahren | ❌ Infotainment-System nicht auf dem neuesten Stand |
✅ Hohe Zuverlässigkeit, keine bekannten großen Schwachstellen | ❌ Dünnes Händlernetz im Vergleich zu deutschen Marken |
✅ Einzigartiges Design und hoher Seltenheitswert | ❌ Hohe Unterhaltskosten (Versicherung, Steuer für V6) |
✅ Souveräner und leistungsstarker V6-Motor | ❌ Als eingestelltes Modell potenziell schwierigerer Wiederverkauf |
Urteil des Redakteurs
Der Kia Stinger ist einer der besten Geheimtipps auf dem Gebrauchtwagenmarkt. Man bekommt ein Auto mit der Leistung eines BMW 440i, einem Design, das Blicke auf sich zieht, und einer Restgarantie, die einem fast jedes Risiko nimmt – und das alles zum Preis eines neuen VW Golf. Der Stinger ist der Beweis, dass eine vernünftige Entscheidung auch extrem viel Spaß machen kann. Wer einen zuverlässigen, schnellen und stilvollen Gran Turismo sucht, sollte hier zuschlagen, bevor die Preise für gut erhaltene Exemplare wieder anziehen. Ein garantierter zukünftiger Klassiker.
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