Kaum ein Auto sorgte 2024 für mehr Schlagzeilen als der neue Alfa Romeo Junior – noch bevor er überhaupt auf der Straße war. Nach einer beispiellosen Namensänderung startet er nun, um das Segment der Kompakt-SUVs mit italienischem Design zu erobern.
Er sollte „Milano“ heißen, eine Hommage an die Geburtsstadt der Marke. Doch nur wenige Tage nach seiner Weltpremiere wurde Alfa Romeos neuer Kompakt-SUV nach politischem Druck in „Junior“ umbenannt. Doch der Name ist nur ein Teil der Geschichte. Unter der aufregend gezeichneten Karosserie verbirgt sich die pragmatische CMP-Plattform des Stellantis-Konzerns. Kann der Junior also trotz seiner kontroversen Herkunft die Herzen der Alfisti und Premium-Käufer erobern? Wir haben den italienischen Verführer im Juli 2025 für den deutschen Markt getestet.
Das Wichtigste in Kürze
Merkmal | Detail |
Modell | Alfa Romeo Junior |
Segment | Kompaktes Premium-SUV (B-SUV) |
Plattform | Stellantis (e-)CMP |
Antriebe | Ibrida (136 PS Mild-Hybrid), Elettrica (156 PS), Elettrica Veloce (240 PS) |
Antriebsart | Frontantrieb (Ibrida Q4 mit Allrad folgt) |
Batterie (Elettrica) | 54 kWh |
Reichweite (WLTP) | bis zu 410 km (Elettrica) |
Kofferraum | 400 Liter |
Ein Name, zwei Welten: Warum der Junior provoziert und verführt
Der X-Faktor des Junior ist die Spannung zwischen seiner Herkunft und seinem Auftritt. Er ist ein Auto, das gleichzeitig rationale Zweifel weckt und emotionale Begierden entfacht.
Die „Milano-Affäre“: Die Geschichte hinter dem neuen Namen
Die ursprüngliche Namensgebung „Milano“ sollte die italienische Seele des Autos unterstreichen. Doch da der Junior im polnischen Tychy (neben Jeep Avenger und Fiat 600) gebaut wird, intervenierte die italienische Regierung. Ein Gesetz verbietet die Verwendung italienisch klingender Namen für Produkte, die nicht in Italien hergestellt werden. Die schnelle und erzwungene Umbenennung in „Junior“, einen historischen Namen aus der Alfa-Historie, wurde zur meistdiskutierten Story des Autojahres.
Das Herz eines Peugeot? Die umstrittene Plattform-Strategie
Unter dem Blech teilt sich der Junior die technische Basis mit zahlreichen anderen Modellen des Stellantis-Konzerns wie dem Peugeot 2008 oder Opel Mokka. Für Puristen ist das ein Sakrileg, da Alfa Romeo traditionell für seine eigenständigen und fahrdynamisch fokussierten Plattformen bekannt war. Kritiker fragen, ob ein Auto mit „fremdem Herzen“ noch ein echter Alfa sein kann.
Die Antwort: Kann pures Design die Technik vergessen machen?
Alfa Romeos Antwort auf diese Zweifel ist eindeutig und sichtbar: pures, italienisches Design. Die Front mit dem legendären „Scudetto“-Kühlergrill und den 3+3-Matrix-LED-Scheinwerfern ist unverkennbar Alfa. Die kurzen Überhänge, die muskulösen Flanken und das scharfe „Coda Tronca“-Heck sind eine Demonstration von Stil und Emotion. Alfa wettet darauf, dass die Kunden sich in das Auto verlieben und die technischen Gemeinsamkeiten zur Nebensache werden.
Elettrica oder Ibrida: Die Antriebe des Junior im Detail
Der Junior bietet zwei grundlegend verschiedene Antriebsarten:
- Elettrica: Die vollelektrische Version gibt es mit 115 kW (156 PS) für maximale Effizienz und bis zu 410 km Reichweite. Die sportliche Topversion „Veloce“ leistet 177 kW (240 PS) und verfügt über ein mechanisches Sperrdifferenzial, eine direktere Lenkung und ein Sportfahrwerk, um den sportlichen Anspruch zu untermauern.
- Ibrida: Hier arbeitet ein 1,2-Liter-Dreizylinder-Benziner mit einem 48-Volt-Mild-Hybrid-System, das 100 kW (136 PS) leistet. Es ermöglicht kurzzeitiges elektrisches Fahren bei niedrigen Geschwindigkeiten. Eine Q4-Version mit einem zusätzlichen Elektromotor an der Hinterachse für einen temporären Allradantrieb ist ebenfalls angekündigt.
Das Cockpit: Sportlicher Fahrerfokus im „Cannocchiale“-Stil
Im Innenraum setzt sich das sportliche Versprechen fort. Das digitale 10,25-Zoll-Kombiinstrument ist im traditionellen „Cannocchiale“ (Fernglas)-Stil in einer tiefen Hutze untergebracht und auf den Fahrer fokussiert. Der zentrale 10,25-Zoll-Touchscreen ist leicht zum Fahrer geneigt. Die markentypischen runden Lüftungsdüsen und der Alfa D.N.A.-Fahrmodusschalter auf der Mittelkonsole schaffen ein Cockpit-Gefühl, das sich klar von seinen Plattform-Brüdern unterscheidet.
Was kostet der Alfa Romeo Junior (2025) in Deutschland?
Laut der im Sommer 2025 gültigen Preisliste positioniert sich der Alfa Romeo Junior als Premium-Alternative im B-SUV-Segment. Die Mild-Hybrid-Version „Ibrida“ startet in Deutschland bei 29.500 Euro. Die vollelektrische „Elettrica“ beginnt bei 39.500 Euro. Die sportliche Top-Version „Veloce“ mit 240 PS liegt bei rund 48.500 Euro. Damit ist er teurer als seine technischen Verwandten von Peugeot und Opel, aber günstiger als direkte Premium-Konkurrenten von Audi oder Mini.
Wie steht es um die Zuverlässigkeit und Garantie?
Da der Junior auf der millionenfach bewährten (e-)CMP-Plattform von Stellantis basiert, wird eine solide technische Zuverlässigkeit erwartet. Für das Fahrzeug gewährt Alfa Romeo in Deutschland eine Garantie von 4 Jahren (2 Jahre Neuwagengarantie plus 2 Jahre Funktionsgarantie) bis 40.000 km, was weniger ist als bei einigen Konkurrenten. Auf die Hochvoltbatterie der Elettrica-Versionen gibt es die übliche Garantie von 8 Jahren oder 160.000 km.
Sicherheit und Euro NCAP-Bewertung
Ein offizielles Euro NCAP-Ergebnis für den Junior liegt noch nicht vor. Schwestermodelle auf der gleichen Plattform wie der Jeep Avenger haben jedoch gute 4-Sterne-Bewertungen erhalten. Mit der optionalen Sicherheitsausstattung, die Level-2-autonomes Fahren mit adaptivem Tempomaten und Spurhalteassistenten ermöglicht, wird für den Junior ebenfalls ein gutes Ergebnis erwartet.
Wie schlägt sich der Junior gegen Mini Countryman und Audi Q2?
Der Junior tritt gegen etablierte Premium-Konkurrenten an und setzt dabei auf seine eigenen Stärken:
- Mini Countryman: Der britische Rivale ist ebenfalls ein Lifestyle-Produkt, bietet aber ein verspielteres Design und das berühmte „Gokart-Feeling“. Der Alfa kontert mit purer, italienischer Eleganz und einem sportlicheren Cockpit.
- Audi Q2: Der Audi ist die Wahl der Vernunft. Er überzeugt mit perfekter Verarbeitungsqualität und einem unaufgeregten, zeitlosen Design. Der Junior ist die deutlich emotionalere und auffälligere Alternative.
- Volvo EX30: Der schwedische Elektro-Konkurrent ist in seiner Top-Version deutlich leistungsstärker, setzt aber auf einen extrem minimalistischen Innenraum. Der Alfa bietet hier ein klassischeres, fahrerorientiertes Cockpit.
Weiterführende Themen und Kaufhilfen
Sie möchten mehr über die Hintergründe der Namensänderung erfahren? Lesen Sie unsere Analyse zur „Milano-Affäre“ und dem Markenschutz in Europa. Um die verschiedenen Antriebsarten zu vergleichen, finden Sie hier unseren Ratgeber: Mild-Hybrid vs. Voll-Hybrid vs. Elektro – was ist das Richtige für mich?
Fazit: Testurteil und Kaufberatung
Der Alfa Romeo Junior ist ein Auto der Gegensätze. Er ist ein pragmatisches Konzernprodukt, verpackt in eine der emotionalsten Hüllen seiner Klasse. Sein Erfolg wird davon abhängen, wie viele Kunden bereit sind, für pures Design über technische Verwandtschaften hinwegzusehen.
Vor- und Nachteile
Vorteile (Pro) | Nachteile (Contra) |
✅ Wunderschönes, emotionales Alfa Romeo-Design | ❌ Basiert auf einer Mainstream-Plattform (kein „echter“ Alfa) |
✅ Fahrerorientiertes, sportliches Cockpit | ❌ Weniger Garantie als bei asiatischen Konkurrenten |
✅ Sportliche „Veloce“-Version mit 240 PS | ❌ Infotainment nicht auf dem Niveau der deutschen Premium-Marken |
✅ Effiziente Hybrid- und Elektroantriebe | ❌ Platzangebot im Fond nur durchschnittlich |
✅ Hoher Lifestyle-Faktor und Exklusivität |
Urteil des Redakteurs
Der Alfa Romeo Junior ist ein Sieg des Designs über die Ingenieurskunst – und das ist nicht negativ gemeint. In einer Welt, in der sich viele Autos ähneln, wagt Alfa Romeo, ein wunderschönes, unpraktisches und begehrenswertes Objekt zu schaffen. Die Veloce-Version beweist, dass die Ingenieure auch aus einer Standard-Plattform Fahrspaß herausholen können. Ja, er ist ein Alfa mit polnischem Pass und französischem Herzen. Aber seine Seele, sein Aussehen und sein Charme sind zu 100% italienisch. Für alle, die ein Auto mit dem Herzen kaufen und sich jeden Tag beim Einsteigen freuen wollen, ist der Junior eine unwiderstehliche Wahl.
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